Grundsteuer bei Hofstellen in Niedersachsen und Bayern
Anfang 2025 wurden von den Kommunen die Grundsteuerbescheide für 2025 versendet. Hier ist es bei Besitzern von Höfen vor allem in Niedersachsen und Bayern zu teilweise extremen Erhöhungen bei der Grundsteuer gegenüber den Vorjahren gekommen. Grund hierfür ist oft die Zuordnung der Hofstelle zum Grundvermögen (Grundsteuer B). In vielen Fällen ist diese Zuordnung falsch. In diesem Blogbeitrag erklären wir, was Sie jetzt gegen die falsche Zuordnung unternehmen können.
Grundsteuer A oder Grundsteuer B
Die Zuordnung der Hofstelle zum Grundvermögen (Grundsteuer A) oder zu einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft kann sehr große Auswirkung, auf die ab 2025 zu zahlende Grundsteuer haben.
Ein Beispiel verdeutlicht die Dramatik des Problems:
Auf einem 7.500 qm Grundstück befindet sich ein Wohnhaus mit einer bebauten Fläche inkl. Umgriffsfläche von ca. 500 qm. Die restlichen 7.000 verteilen sich auf den „Resthof“ mit Scheunen, Ställen und Garten. Die Scheunen und Ställe haben eine Nutzfläche von ca. 300 qm, dass Wohnhaus eine Wohnfläche von 120 qm. Der Hebesatz der Gemeinde bei Grundsteuer A und B beträgt aus Vereinfachungsgründen 400 % und der Lagefaktor 1,0 (nur für Niedersachsen relevat)
▶️ Bei einer Zuordnung zum Grundvermögen würde sich für das Wohnhaus folgende Berechnung ergeben:
1️⃣ 500 qm x 0,04 EUR/qm = 20,00 EUR
2️⃣ 120 qm x 0,35 EUR/qm = 42,00 EUR
✅ Grundsteuermessbetrag 62,00 EUR x Hebesatz 400 % = 248,00 EUR Grundsteuer für das Wohnhaus.
Das ist auch in Ordnung, da Wohnhäuser grundsätzlich dem Grundvermögen und damit der Grundsteuer B zuzuordnen sind.
Für die restlichen Flächen erfolgt die Bewertung in Niedersachsen und Bayern bei Zuordnung zum Grundvermögen wie folgt:
1️⃣ 7.000 qm x 0,04 EUR/qm = 280,00 EUR
2️⃣ 300 qm x 0,50 EUR/qm = 150,00 EUR
❌ Grundsteuermessbetrag 430,00 EUR x Hebesatz 400 % = 1.720,00 EUR Grundsteuer
▶️ Bei einer Zuordnung der restlichen Flächen zur Hofstelle bei einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft ergibt sich dagegen folgende Berechnung:
7.000 qm = 70 AR x 6,62 EUR x 3 = 1.390,20 EUR x 18,6 = 25.857 EUR x 0,055 % = 14,22 EUR
✅ Grundsteuermessbetrag 14,22 EUR x Hebesatz 400 % = 56,88 EUR Grundsteuer
Die Zuordnung der Hofstelle zum Betrieb der Land- und Forstwirtschaft erspart danach in diesem Beispiel mindestens 1.663,00 EUR Grundsteuer im Jahr.
Hier mal eine Abschrift eines Schreibens einer Gemeinde:
Keine aktive Land- und Forstwirtschaft notwendig
Eine aktiv betriebene Land- und Forstwirtschaft ist für die Zuordnung der Hofstelle zu einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft (Grundsteuer A) nicht notwendig. Danach profitieren auch aufgegebene land- und forstwirtschaftliche Betriebe von dieser Regelung. Auch sogenannte „Resthöfe“ fallen unter die Grundsteuer A. „Resthöfe“ sind Hofstellen, bei denen nur der Hof nicht aber die dazugehörigen land- und forstwirtschaftlichen Flächen erworben worden.
Die Zuordnung einer Hofstelle zum Betrieb der Land- und Forstwirtschaft für Zwecke der Grundsteuer ist auch nicht abhängig davon ob ertragsteuerlich ein Betrieb der Land- und Forstwirtschaft vorliegt. Die Hofstelle wird dadurch nicht automatisch zu einem Betriebsvermögen. Wir empfehlen zur ertragsteuerlichen Behandlung aber auch immer Rücksprache mit einem spezialisierten Steuerberater zu halten. Oft liegt auch unentdecktes Betriebsvermögen vor. Hier können sich bei einer „Betriebsaufgabe“ negative steuerliche Konsequenzen ergeben.
Die Zuordnung der Hofstelle zur Grundsteuer A ergibt sich
✅ in Niedersachsen aus § 11 Abs. 1 NGrStG
✅ in Bayern aus Art 9 Abs. 1 BayGrStG
"Zur Hofstelle ... gehören auch Hof- und Wirtschaftsgebäudeflächen einschließlich der Nebenflächen, von denen aus keine Flächen eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft mehr nachhaltig bewirtschaftet werden, wenn sie keine Zweckbestimmung erhalten haben, die zu einer zwingenden Zuordnung zum Grundvermögen führt."
Auslegung durch die Finanzverwaltung
Damit Gesetze einheitlich durch die Finanzverwaltung ausgelegt werden, gibt es unter anderem Anwendungserlasse. Diese stammen für das bayerische und das niedersächsische Grundsteuergesetz von den jeweiligen Landesfinanzministerien.
Für Niedersachsen gilt danach:
"In Ergänzung der bundesgesetzlichen Regelung des § 234 Abs. 6 BewG gehören zur Hofstelle auch Hof- und Gebäudeflächen, wenn der Betrieb der Land- und Forstwirtschaft ganz oder in Teilen auf bestimmte oder unbestimmte Zeit nicht bewirtschaftet wird. Dabei ist entscheidend, dass der Grund und Boden sowie die Gebäude keine andere Zweckbestimmung erhalten haben, die zu einer zwingenden Zuordnung zum Grundvermögen führt. Entsprechend gehören auch Wirtschaftsgebäude, die vorübergehend oder dauernd teilweise oder ganz leer stehen und keiner anderen Zweckbestimmung zuzuordnen sind, weiterhin zur Hofstelle."
Für Bayern ähnlich:
"In Ergänzung der bundesgesetzlichen Regelung des § 234 Abs. 6 BewG gehören zur Hofstelle auch Hof- und Gebäudeflächen, wenn der Betrieb der Land- und Forstwirtschaft ganz oder in Teilen auf bestimmte oder unbestimmte Zeit nicht bewirtschaftet wird. Dabei ist entscheidend, dass der Grund und Boden sowie die Gebäude keine andere Zweckbestimmung erhalten haben, die zu einer zwingenden Zuordnung zum Grundvermögen führt. Entsprechend gehören auch Wirtschaftsgebäude, die vorübergehend oder dauernd teilweise oder ganz leer stehen und keiner anderen Zweckbestimmung zuzuordnen sind, weiterhin zur Hofstelle. Eine Änderung der Zweckbestimmung ungenutzter Wirtschaftsgüter kann sich nicht nur durch Aufnahme einer außerlandwirtschaftlichen Nutzung, sondern auch durch eine ertragsteuerliche Betriebsaufgabe ergeben."
✅ Hierzu auch Pressemitteilung des Bayerischen Landesamts für Steuern unter Punkt 4
Bisher nicht geklärt ist, welche Folgen sich in Bayern aus der Betriebsaufgabe eines Land- und Forstwirtschaftlichen Unternehmens bei der Bewertung für Zwecke der Grundsteuer ergeben. Teilweise wird dies in Bayern von Finanzämtern dazu verwendet, eine Zuordnung der Hofstelle zur Grundsteuer A zu verwehren. Dies scheint sich aber durch die Pressemitteilung des Bayerischen Landesamts für Steuern vom Dezember 2022 erledigt zu haben.
Was Sie jetzt tun müssen
Haben Sie irrtümlich Ihre Hofstelle im Grundvermögen = Grundsteuer B erklärt oder wurde diese Zuordnung falsch vom Finanzamt vorgenommen, empfehlen wie Ihnen folgende Schritte:
1️⃣ Aktenzeichen beantragen
Haben Sie bisher noch kein Grundsteuer-Aktenzeichen für die Grundsteuer A, müssen Sie dieses bei Ihrem Finanzamt beantragen.
Hierzu können Sie folgende Musterschreiben verwenden:
2️⃣ Berichtigung beantragen
Im folgenden Schritt müssen Sie eine Berichtigung des fehlerhaften Bescheides bei der Grundsteuer B beantragen. Das geht auch nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist. Dies haben wir hier in unserem Blogbeitrag erklärt.
Hierzu können Sie ebenfalls unsere Musterschreiben verwenden:
Wie die Wohnflächen richtig ermittelt werden haben wir hier in unserem Blogbeitrag erläutert. Leider kommt es auch hier immer wieder zu Fehlern.
Umgriffsfläche bei der Grundsteuer B (Grundvermögen) ist die bebaute Fläche des Wohnhauses samt Umgriff nach der Verkehrsauffassung. Zum Umgriff gehört beispielsweise der Hausgarten, der Zufahrtsweg, der Eingangsbereich bzw. Vorgarten oder die Terrasse. Eine verbleibende Fläche, die nach der Verkehrsauffassung nicht eindeutig zugeordnet werden kann, ist hilfsweise nach dem Verhältnis der jeweiligen bebauten Fläche des Gebäudes zur bebauten Fläche aller Gebäude zu ermitteln, wenn keine andere geeignete Methode anwendbar ist. Als Vereinfachung kann laut Finanzverwaltung auch stattdessen der 3-fache Wert der Wohnfläche des Wohnhauses angesetzt werden.
Ergänzugen und Hinweise
Haben Sie hierzu noch Fragen, Ergänzungen oder Hinweise schreiben Sie uns gern eine E-Mail an info@mein-grundsteuerwert.de