Grundsteuer im Bundesmodell zu hoch? Jetzt Öffnungsklausel nutzen
Anfang des Jahres wurden die neuen Grundsteuerbescheide für 2025 von den Gemeinden versendet. Bei einigen Grundstückseigentümern kommt es dabei zu einer teils drastischen Erhöhung der Grundsteuer. In der Praxis zeigt sich nun, das die neu ermittelten Grundsteuerwerte in diversen Fällen erheblich von dem tatsächlichen Wert des Grundstücks abweichen. In diesem Blogbeitrag erklären wir Ihnen, was Sie jetzt unternehmen müssen, um eine zu hohe Grundsteuer zu vermeiden. Dabei gehen wir auf die neue Öffnungsklausel im § 220 Abs. 2 BewG ein.
Öffnungsklausel im Bundesmodell
Die Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer im Bundesmodell ist der Grundsteuerwert. Dieser wird nach den Vorschriften des Siebten Abschnitts des Bewertungsgesetzes ermittelt. Dabei war Ziel des Gesetzgebers für die Grundstücke einen Wert zu ermitteln, der dem Verkehrswert ziemlich nah kommt. Maßgeblich sind hier immer die Wertverhältnisse zum Hauptfeststellungzeitpunkt. In den aktuellen Fällen ist dies der 01. Januar 2022.
Um die Bewertung die Grundstücke in einem Massenverfahren abwickeln zu können, hat der Gesetzgeber diverse Pauschalisierungen im Bewertungsgesetz vorgenommen. Dies betrifft unter anderem den pauschalen Ansatz von Mieten bei Wohngrundstücken. Auch bei den Bodenrichtwerten, werden bestimmte Belastungen des Grundstückes oder Zuschnitte die eine Bebauung erschweren nicht berücksichtigt.
All diese Pauschalisierungen können dazu führen, dass der tatsächliche Verkehrswert des Grundstücks erheblich unter dem vom Finanzamt festgestellten Grundsteuerwert liegt.
Bereits mit zwei Urteilen vom 27. Mai 2024 hat der Bundesfinanzhof in einem Aussetzungsverfahren entschieden, das bei erheblichen Abweichungen zwischen Grundsteuerwert und tatsächlichem Verkehrswert (auch als „gemeiner Wert“ bezeichnet) der Verkehrswert für Zwecke der Grundsteuer anzusetzen ist.
Die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs wurde dann in einen Ländererlass vom 24. Juni 2024 übernommen. Wir haben bereits in folgendem Blogbeitrag darüber berichtet:
✅ Länder erlauben niedrigeren gemeinen Wert
Mit dem Jahressteuergesetzt 2024 wurde nun im Bewertungsgesetz eine neue Vorschrift eingeführt. In dem neuen § 220 Abs. 2 BewG wurde jetzt ebenfalls die Rechtsprechung des Bundefinanzhofs übernommen. Sie ist damit geltende Rechtslage muss von den Finanzämtern auch angewendet werden.
Grenzen prüfen
Damit der geringere Verkehrswert angesetzt werden kann, muss der der Grundsteuerwert um mindestens 40 % über dem tatsächlichen Verkehrswert nach den Wertverhältnissen vom 01. Januar 2022 liegen. Oder um es anders auszudrücken, der Verkehrswert muss um 28,6 % geringer sein, als der vom Finanzant ermittelte Grundsteuerwert.
Ob diese Abweichung erreicht ist, errechnen Sie nach folgender Formel:
1️⃣ Grundsteuerwert - gemeiner Wert lt. Nachweis = Abweichung
2️⃣ Grundsteuerwert lt Bescheid x 28,58 % = Mindestabweichung zum gemeinen Wert
Ist die Mindestabweichung erreicht kann der Verkehrswert angesetzt werden.
Wir haben zur Prüfung der Mindestabweichung ein kleines Excel Tool entwickelt. Mit dem Tool können Sie überprüfen können, ob die Grenze für den Ansatz des niedrigeren gemeinen Werts Ihres Grundstücks für Zwecke der Grundsteuer möglich ist.
Nachweis des Verkehrswerts
Der Gesetzgeber mach in § 220 Abs. 2 BewG keine genauen Angaben, wie der tatsächliche Verkehrswert zum 01. Januar 2022 nachgewiesen werden soll. Auch die Finanzverwaltung hat sich bisher noch nicht genau hierzu geäußert. Ein Anhaltspunkt für die Nachweismöglichkeiten kann aber der Ländererlass vom 24. Juni 2024 sein.
Danach bestehen folgende Möglichkeiten:
✅ Gutachten des zuständigen Gutachterausschusses nach §§ 192 ff. BauGB
✅ Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständiger für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken
✅ Gutachten eines nach DIN EN ISO/IEC 17024 akkreditierter Sachverständigen
Darüber hinaus lässt es der Gesetzgeber auch zu, dass der Verkehrswert aus einem Verkaufs- bzw. Kaufpreis für das Grundstück abgeleitet werden kann. Dabei muss der Verkauf oder Kauf des Grundstücks aber in einer Frist vom 01. Januar 2021 bis 31. Dezember 2023 erfolgt sein. Erfolgte der Kauf oder Verkauf vor dem 01. Januar 2021 oder nach dem 31. Dezember 2023 kann der Kaufpreis nicht mehr als Nachweis für den Verkehrswert herangezogen werden.
Kosten-Nutzen-Abwägung bei Gutachterbeauftragung
Sollte ein Kauf- Verkaufspreis aus dem Zeitraum 01. Januar 2021 bis 31. Dezember 2023 nicht vorliegen, bleibt für den Nachweis des Verkehrswerts nur die Beauftragung eines Gutachters als Möglichkeit übrig.
Die Kosten für ein Gutachten müssen leider durch den Grundstückseigentümer getragen werden. Daher ist es ratsam, eine sorgfältige Kosten-Nutzen-Abwägung vorzunehmen. Die Frage, ob die erwartete Steuerersparnis die Gutachtenkosten übersteigt, muss individuell entschieden werden. In vielen Fällen kann jedoch die potenzielle Reduzierung der Grundsteuer die Kosten für das Gutachten rechtfertigen, insbesondere wenn ein erheblicher Unterschied des Verkehrswerts zum Grundsteuerwert festgestellt wird.
Die Firma SPRENGNETTER hat zusammen mit ImmoScout 24 einen Grundsteuer Quick Check entwickelt. Dieser Grundsteuer Quick Check bietet die Möglichkeit, einer ersten Einschätzung des Verkehrswertes und der Steuerersparnis. Sollte der Grundsteuer Quick Check ergeben, dass die Voraussetzungen für eine Reduzierung des Grundsteuerwertes erfüllt sind, kannst ein zertifizierter Sachverständiger beauftragt werden, um die Ergebnisse zu überprüfen und ein entsprechendes Gutachten anzufertigen.
Grenzen erreicht Änderung beantragen
Wird die Grenze für den Ansatz des niedrigeren Wertes erreicht, kann eine Korrektur im Rahmen der fehlerbeseitigenden Wertfortschreibung (§ 222 Abs. 3 BewG) beantragt werden. Voraussetzung hierfür ist, dass die Wertfortschreibungsgrenze von mindestens 15.000 Euro überschritten wird.
Einen entsprechenden Antrag finden Sie hier:
✅ Antrag auf fehlerbeseitigende Wertfortschreibung