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Länder erlauben niedrigeren gemeinen Wert

2024-07-21 , admin

Mit Urteil vom 27. Mai 2024 hat der Bundesfinanzhof in zwei Verfahren entschieden, dass ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit Grundsteuerwertbescheide nach den neuen Bewertungsregeln für Zwecke der Grundsteuer bestehen.

Die Finanzverwaltung hat auf die Beschlüsse des Bundesfinanzhofs nunmehr mit koordinierten Ländererlassen vom 24. Juni 2024 reagiert. Diese betreffen die Bundesländer, die das Bundesmodell zur Grundsteuerbewertung übernommen haben.

NRW hat durch das nordrhein-westfälische Grundsteuerhebesatzgesetz eine eigene Öffnungsklausel erlassen.

Der folgende Blogbeitrag beleuchtet die wichtigsten Aspekte dieser Erlasse sowie des nordrhein-westfälischen Grundsteuerhebesatzgesetzes und erklärt, wie Sie mit einem Einspruch oder mit einem Antrag auf fehlerbeseitigenden Wertfortschreibung zukünftig Grundsteuer sparen können.

Hintergrund und Bedeutung der BFH-Beschlüsse

Die Grundsteuer ist eine wesentliche Einnahmequelle der Kommunen in Deutschland und betrifft alle Eigentümer von Grundstücken und Immobilien. Ab 2025 wird diese neu auf der Basis von Grundsteuerwerten berechnet. Hierfür waren in 2022 Grundsteuererklärungen abzugeben. Inzwischen sind bereits Millionen von Grundsteuerwertbescheiden ergangen. Gegen viele dieser Bescheide wurde durch die Eigentümer Einspruch eingelegt. Oft passten die pauschalen durch das Bewertungsgesetz vorgeben Werte z.B. zum Bodenwert oder den erreichbaren Mieten, nicht mit den tatsächlichen Verhältnissen überein.

Der Bundesfinanzhof hat nun in zwei Beschlüssen klargestellt, dass Steuerpflichtige die Möglichkeit haben, einen niedrigeren gemeinen Wert ihrer Grundstücke und Immobilien für Zwecke der Grundsteuer nachzuweisen. Begründet wird dies mit dem Übermaßverbot.

Das Übermaßverbot könnte verletzt sein, wenn der festgestellte Grundsteuerwert den nachgewiesenen niedrigeren Wert um 40 % oder mehr übersteigt.

 

Ländererlasse vom 24. Juni 20024

Die Finanzverwaltung hat auf die Beschlüsse des BFH mit bisher noch überwiegend unbekannten koordinierten Ländererlassen reagiert. Danach haben Grundstückseigentümer nun die Möglichkeit, einen um mindestens 28,58 % niedrigeren gemeinen Wert ihrer Immobilie nachzuweisen.

Ob dieser erreicht ist, errechnen Sie nach folgender Formel:

1️⃣ Grundsteuerwert - gemeiner Wert lt. Nachweis = Abweichung

2️⃣ Grundsteuerwert lt Bescheid x 28,58 % = Mindestabweichung zum gemeinen Wert

Ist die Mindestabweichung erreicht kann der gemeine Wert angesetzt werden.

Nachfolgend finden Sie den Link zu einem Tool, mit der Sie überprüfen können, ob die Grenze für den Ansatz des niedrigeren gemeinen Werts Ihres Grundstücks für Zwecke der Grundsteuer möglich ist.

Prüfung Ansatz niedrigerer gemeiner Wert

Grenze erreicht, jetzt Einspruch einlegen

Einspruchsfrist verpasst

Nordrhein-westfälische Grundsteuerhebesatzgesetz

Der Landtag von Nordrhein-Westfalen hat am 4. Juli 2024 mit dem nordrhein-westfälische Grundsteuerhebesatzgesetz ein neues Gesetz verabschiedet, das es ebenfalls ermöglicht, einen niedrigeren tatsächlichen Wert für Zwecke der Grundsteuer nachzuweisen.

Das nordrhein-westfälische Grundsteuerhebesatzgesetz übernimmt die Vorrausetzungen für den Ansatz des tatsächlichen Wertes für Zwecke der Grundsteuer aus den Ländererlassen vom 24. Mai 2024.

Damit gilt auch hier:

Prüfung Ansatz niedrigerer gemeiner Wert

Grenze erreicht, jetzt Einspruch einlegen

Einspruchsfrist verpasst

Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts

Um einen niedrigeren gemeinen Wert nachzuweisen, stehen Ihnen als Grundstückseigentümer folgende Optionen zur Verfügung;

Gutachten des zuständigen Gutachterausschusses nach §§ 192 ff. BauGB

Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständiger für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken

✅ Gutachten eines nach DIN EN ISO/IEC 17024 akkreditierter Sachverständigen

im Rahmen des gewöhnlichen Geschäftsverkehrs ermittelter Kaufpreis

Gerade der Nachweis des niedrigeren gemeinen Wertes anhand des Kaufpreises ist eine einfache und kostengünstige Option. Wichtig ist hierbei ist allerdings, dass der Kaufpreis innerhalb eines Jahres vor oder nach dem Hauptfeststellungszeitpunkt 2022 festgelegt worden sein muss.

Kosten-Nutzen-Abwägung bei der Gutachtenerstellung

Sollte ein aktueller Kaufpreis nicht vorliegen, bleibt für den Nachweise des gemeinen Wertes nur noch die Erstellung eines Gutachtens als Option übrig.

Die Kosten für ein Gutachten müssen leider durch den Grundstückseigentümer getragen werden. Daher ist es ratsam, eine sorgfältige Kosten-Nutzen-Abwägung vorzunehmen. Die Frage, ob die erwartete Steuerersparnis die Gutachtenkosten übersteigt, muss individuell entschieden werden. In vielen Fällen kann jedoch die potenzielle Reduzierung der Grundsteuer die Kosten für das Gutachten rechtfertigen, insbesondere wenn ein erheblicher Unterschied im gemeinen Wert festgestellt wird.

Einspruchsfrist verpasst

Für Grundstückseigentümer, die keinen Einspruch gegen ihre Grundsteuerwertbescheide eingelegt haben oder die Frist hierfür verpasst haben, gibt es nun eine zusätzliche Möglichkeit, gegen die festgesetzten Grundsteuerwerte vorzugehen.

Wird die Grenze für den Ansatz des niedrigeren Wertes erreicht, kann eine Korrektur im Rahmen der fehlerbeseitigenden Wertfortschreibung (§ 222 Abs. 3 BewG) beantragt werden. Voraussetzung hierfür ist, dass die Wertfortschreibungsgrenze von mindestens 15.000 Euro überschritten wird.

Einen entsprechenden Antrag finden Sie hier:

Antrag auf fehlerbeseitigende Wertfortschreibung